Datum: Freitag, 13. Juni 2008, 20.00 Uhr; Samstag, 14. Juni 2008, 20.00 Uhr; Sonntag, 15. Juni 2008, 19.00 Uhr Ort: Schloß Favorite Rastatt (D) Veranstalter: Quantz-Collegium e.V.
1723 Bewerbung Leipzig Telemann, aber auch Graupner gehörten zunächst zu den Favoriten.
Datum
28.05.2023
Zeit
16:05 - 17:00
Sender
SWR 2
Sendung
Alte Musik
Titel
And the winner is ... - Johann Sebastian Bach wird 1723 Thomaskantor in Leipzig
Interpreten
...
1723. Leipzig sucht den Thomaskantor
Der Tod des langjährigen Thomaskantors Johann Kuhnau zwingt den Rat der Stadt, seine Nachfolge zu regeln. Wer kommt in die engere Auswahl? Die vier aussichtsreichsten Kandidaten sind Georg Philipp Telemann (1681-1767), Christoph Graupner (1683-1760), Johann Friedrich Fasch (1688–1758) und Johann Sebastian Bach (1685-1750), die jeweils ein rund 20 minütiges Portfolio ihrer Musik zusammenstellen, mit dem sie sich der Leipziger Jury so gut wie möglich präsentieren Diese Jury ist das Darmstädter Konzertpublikum am 2. Juni 2023: Wem würden Sie den Vorzug geben?
Eine Kooperation der Christoph-Graupner-Gesellschaft und dem Staatstheater Darmstadt.
Komponist 1: Johann Friedrich Fasch
(15. April 1688 in Buttelstedt - 5. Dezember 1758 in Zerbst)
Allegro (1. Satz) aus Konzert FaWV L:d7 d-moll für 2 Flöten, 2 Oboen, Fagott, Streicher und B.C.
Aria “Ihr Sünder, seht doch was ihr machet” aus der Kantate “Wachet und betet” für den 5. Sonntag n. Epiphanias für Bass, 2 Oboen, Streicher und B.C.
Aria “Wir setzen uns’re Freudenopfer” aus der Kantate “Die Gerechten müssen sich freuen”, FaWV D:D4 für Sopran, Chor, 2 Oboen, Streicher und B.C.
Allegro (1. Satz) aus dem Konzert FaWV L:D3 D-Dur für Violine, 3 Trompeten, 2 Pauken, 2 Oboen, Fagott, Streicher und B.C.
Komponist 2: Johann Sebastian Bach
Sinfonia aus der Kantate “Ich steh mit einem Fuß im Grabe”, BWV 156, für den 3. Sonntag n. Epiphanias für Oboe, Streicher und B.C.
Duetto “Nun verschwinden alle Plagen” aus der Kantate “Liebster Jesu, mein Verlangen”, BWV 32, für den 1. Sonntag n. Epiphanias für Sopran, Bass, Oboe, Streicher und B.C. + Choral “Öffne mir die Pforten”
Aria “Qui tollis peccata” aus der Missa Brevis A-Dur, BWV 234 für Sopran, 2 Flöten und Viole
Duetto “So hat Gott die Welt geliebt” aus der Kantate “Erhöhtes Fleisch und Blut”, BWV 173, für den 2. Pfingsttag für Sopran, Bass, 2 Flöten, Streicher und B.C.
Sinfonia aus dem Oster-Oratorium “Kommt, eilet und laufet”, BWV 249 für 3 Trompeten, 2 Pauken, 2 Oboen, Fagott, Streicher und B.C.
Komponist 3: Christoph Graupner
(13. /23. Januar 1683 in Kirchberg - 10. Mai 1760 in Darmstadt)
Ouverture (1. Satz) aus der Konzertsuite g.moll, → GWV 470 für 2 Flöten, Streicher und B.C.
Choral (1. Satz) aus der Kantate “Jesus stirbt, ach soll ich leben”, → GWV 1125/13, für Palmsonntag 1713 für 2 Soprane (Oboe), Streicher und B.C.
Aria “Wachet und betet” aus der Kantate “Die Nacht ist vergangen” → GWV 1101/22, für den 1. Advent 1722 für Bass, Chor, Horn, Streicher und B.C.
Chaconne aus Konzertsuite C-Dur, → GWV 410 für 2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Pauken, Oboen, Streicher und B.C.
Komponist 4: Georg Philipp Telemann
(14. / 24. März 1681 in Magdeburg - 25. Juni 1767 in Hamburg)
Vivace (1. Satz) aus Konzert D-Dur, TWV 53:D5 für Trompete, Violine, Violoncello, Streicher und B.C.
Aria “Jesu, komm in meine Seele” aus der Kantate “Machet die Tore weit”, TWV 1:1074 für 1. den Advent 1719 für Sopran, 2 Oboen, Streicher und B.C. + Choral “Warum willst du draußen stehen”
Arioso (1. Satz) aus der Kantate “Der Engel des Herrn lagert sich”, TWV 1:232, für Michaelis (Kantatenzyklus “Geistliches Singen und Spielen” 1710/11) für Bass, 2 Hörner, Streicher und B.C. + Choral “Darum wir billig loben dich”
Duetto “Beides, Mund und Herze, sprichts” + Arioso “Und weil du, lieber Gott” + Choral “Jesu, meine Freude” aus der Kantate “Meine Schafe hören meine Stimme”, TWV 1:1102 für Misericordias (Kantatenzyklus “Geistliches Singen und Spielen” 1710/11) für Sopran, Bass, Chor, Streicher und B.C.
Presto (4. Satz) aus Konzert D-Dur, TWV 54:D4 für 3 Trompeten, 2 Pauken, Streicher und B.C.
Der Tod des langjährigen Thomaskantors Johann Kuhnau zwingt den Rat der Stadt, seine Nachfolge zu regeln. Wer kommt in die engere Auswahl? Die vier aussichtsreichsten Kandidaten sind Georg Philipp Telemann (1681-1767), Christoph Graupner (1683-1760), Johann Friedrich Fasch (1688–1758) und Johann Sebastian Bach (1685-1750), die jeweils ein rund 20 minütiges Portfolio ihrer Musik zusammenstellen, mit dem sie sich der Leipziger Jury so gut wie möglich präsentieren Diese Jury ist das Darmstädter Konzertpublikum am 2. Juni 2023: Wem würden Sie den Vorzug geben?
Eine Kooperation der Christoph-Graupner-Gesellschaft und dem Staatstheater Darmstadt
Komponist 1: Johann Friedrich Fasch
(15. April 1688 in Buttelstedt - 5. Dezember 1758 in Zerbst)
Allegro (1. Satz) aus Konzert FaWV L:d7 d-moll für 2 Flöten, 2 Oboen, Fagott, Streicher und B.C.
Aria “Ihr Sünder, seht doch was ihr machet” aus der Kantate “Wachet und betet” für den 5. Sonntag n. Epiphanias für Bass, 2 Oboen, Streicher und B.C.
Aria “Wir setzen uns’re Freudenopfer” aus der Kantate “Die Gerechten müssen sich freuen”, FaWV D:D4 für Sopran, Chor, 2 Oboen, Streicher und B.C.
Allegro (1. Satz) aus dem Konzert FaWV L:D3 D-Dur für Violine, 3 Trompeten, 2 Pauken, 2 Oboen, Fagott, Streicher und B.C.
Komponist 2: Johann Sebastian Bach
(21. März 1685 in Eisenach – 28. Juli 1750 in Leipzig)
Sinfonia aus der Kantate “Ich steh mit einem Fuß im Grabe”, BWV 156, für den 3. Sonntag n. Epiphanias für Oboe, Streicher und B.C.
Duetto “Nun verschwinden alle Plagen” aus der Kantate “Liebster Jesu, mein Verlangen”, BWV 32, für den 1. Sonntag n. Epiphanias für Sopran, Bass, Oboe, Streicher und B.C. + Choral “Öffne mir die Pforten”
Aria “Qui tollis peccata” aus der Missa Brevis A-Dur, BWV 234 für Sopran, 2 Flöten und Viole
Duetto “So hat Gott die Welt geliebt” aus der Kantate “Erhöhtes Fleisch und Blut”, BWV 173, für den 2. Pfingsttag für Sopran, Bass, 2 Flöten, Streicher und B.C.
Sinfonia aus dem Oster-Oratorium “Kommt, eilet und laufet”, BWV 249 für 3 Trompeten, 2 Pauken, 2 Oboen, Fagott, Streicher und B.C.
Komponist 3: Christoph Graupner
(13. /23. Januar 1683 in Kirchberg - 10. Mai 1760 in Darmstadt)
Ouverture (1. Satz) aus der Konzertsuite g.moll, → GWV 470 für 2 Flöten, Streicher und B.C.
Choral (1. Satz) aus der Kantate “Jesus stirbt, ach soll ich leben”, → GWV 1125/13, für Palmsonntag 1713 für 2 Soprane (Oboe), Streicher und B.C.
Aria “Wachet und betet” aus der Kantate “Die Nacht ist vergangen” → GWV 1101/22, für den 1. Advent 1722 für Bass, Chor, Horn, Streicher und B.C.
Chaconne aus Konzertsuite C-Dur, → GWV 410 für 2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Pauken, Oboen, Streicher und B.C.
Komponist 4: Georg Philipp Telemann
(14. / 24. März 1681 in Magdeburg - 25. Juni 1767 in Hamburg)
Vivace (1. Satz) aus Konzert D-Dur, TWV 53:D5 für Trompete, Violine, Violoncello, Streicher und B.C.
Aria “Jesu, komm in meine Seele” aus der Kantate “Machet die Tore weit”, TWV 1:1074 für 1. den Advent 1719 für Sopran, 2 Oboen, Streicher und B.C. + Choral “Warum willst du draußen stehen”
Arioso (1. Satz) aus der Kantate “Der Engel des Herrn lagert sich”, TWV 1:232, für Michaelis (Kantatenzyklus “Geistliches Singen und Spielen” 1710/11) für Bass, 2 Hörner, Streicher und B.C. + Choral “Darum wir billig loben dich”
Duetto “Beides, Mund und Herze, sprichts” + Arioso “Und weil du, lieber Gott” + Choral “Jesu, meine Freude” aus der Kantate “Meine Schafe hören meine Stimme”, TWV 1:1102 für Misericordias (Kantatenzyklus “Geistliches Singen und Spielen” 1710/11) für Sopran, Bass, Chor, Streicher und B.C.
Presto (4. Satz) aus Konzert D-Dur, TWV 54:D4 für 3 Trompeten, 2 Pauken, Streicher und B.C.
Georg Philipp Telemann (1681-1767): Concerto für Oboe c-moll TWV 51/c1
Christoph Graupner (1683-1760): Kantate "Die Nacht ist vergangen" → GWV 1101/22
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Preludium und Fuge C-Dur BWV 547
Johann Sebastian Bach (1685-1750):Kantate "Dazu ist erschienen der Sohn Gottes" BWV 40
Ausführende:
Nola Richardson (Sopran), Abigail Lennox (Sopran), Michael Albert & Catharine Cloutier (Alt), Jonas Budris (Tenor), John David Adams & Jacob Cooper (Bass), Stephen Hammer (Oboe)
Blue Hill Bach Artists, Leitung & Orgel: John Finney
Datum: Donnerstag, 20. Juli 2017 Ort: St. Francis by the Sea Episcopal Church, Blue Hill, Maine, USA Veranstalter: Blue Hill Bach
Bach und Kollegen: Bach, Graupner, Fasch
Christoph Graupner (1683-1760): Ouverture B-Dur für Chalumeau, 2 Violinen, Viola und Cembalo→ GWV 484
Christoph Graupner (1683-1760): Concerto g-moll für 2 Violinen, Streicher und B.C. → GWV 334
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Suite Nr. 2 h-moll BWV 1067
Johann FriedrichFasch (1688–1758): Fantasie für 2 Flöten. 2 Oboen und Chalumeau FaWV O:F1
Ausführende:
Peter Hutten (Chalumeau), Erik Hense und Peter Schrier (Violine), Martin Knotters (Traversflöte)
Großherzogliche Residenz zu Darmstadt vom Opernhaus gesehen
Als im Juli 1709 die erste Kantate von Christoph Graupner ("Süßer Tod" → GWV 1148/09) in Darmstadt im Rahmen eines sonntäglichen Gottesdienstes erklang, ahnte der Komponist selbst vermutlich am wenigsten, dass er bis an sein Lebensende (51 Jahre später!) in Diensten der Darmstädter Landgrafen bleiben und die kleine Residenz im Südhessischen nicht mehr verlassen sollte. Wohl zu Beginn des Jahres 1709 war es zur Vertragsunterzeichnung mit seinem neuen Dienstherrn gekommen, und Graupner begann seine Tätigkeit in Darmstadt zunächst als Vize-Kapellmeister unter dem noch amtierenden Wolfgang Carl Briegel.
Erst 1711 rückte Graupner an die Spitze der Hofkapelle; fortan war er der Hauptverantwortliche für die Musik am Darmstädter Hof. Er hatte dafür zu sorgen, dass für alle Belange, zu denen Musik benötigt wurde, entsprechende Kompositionen vorhanden und zur Aufführung bereit waren. Neben dem eigentlichen Komponieren hatte Graupner – unterstützt von Mitgliedern der Kapelle – das Aufführungsmaterial, die einzelnen Stimmen, aus der Partitur herauszuschreiben. Und es musste geprobt werden – wenn auch nicht vergleichbar mit modernen Standards, so hatten die Musiker doch zumindest vor dem Sonntags-Gottesdienst die neuen Noten kennenzulernen und durchzuspielen.
Von Hamburg nach Darmstadt
Hamburger Oper am Gänsemarkt (1677-1757) Zeichnung von Peter Heineken 1726 (Staatsarchiv Hamburg)
Landgraf Ernst Ludwig war in Hamburg auf den jungen Christoph Graupner aufmerksam geworden; dieser wirkte seit Herbst 1706 als Cembalist im Orchester des damals berühmten Opernhauses am Gänsemarkt. Daneben komponierte Graupner auch für die dortige Bühne eine Reihe von Opern. Nur der kleinere Teil ist allerdings überliefert; von einigen Stücken sind nur mehr die Titel und die Libretti bekannt.
Ernst Ludwig war ein Liebhaber der Oper – und es ging ihm vor allem darum, "zuhause" in Darmstadt Ähnliches zustande zu bringen, was er zuvor auf den Brettern des Gänsemarkttheaters hatte sehen und hören können: moderne Opernaufführungen, mit hervorragenden Sängern und entsprechend prachtvoller Ausstattung des Bühnengeschehens – und natürlich einer Musik, die der Dramatik des Geschehens gerecht wurde und die Affekte von Wut über Leidenschaft bis zur Trauer und Verzweiflung überzeugend in Töne umsetzen konnte. Ernst Ludwig sah in Graupner den Richtigen für seine Ambitionen in Darmstadt.
Doch die Visionen, die der Darmstädter Landesherr angesichts der spektakulären Hamburger Aufführungen für seine eigene Residenz entwickelt haben mochte, stießen in der Realität der kleinen Residenz schon recht bald auf Widerstände. Schwerer als die (von der Familie und nahestehendem politischen Berater vorgebrachten) moralischen Einwände gegenüber den allzu weltlichen Vergnügungen des Theaters dürfte für Ernst Ludwig die zunehmend desaströse finanzielle Lage seiner Landgrafschaft gewogen haben. Nach einer vergleichsweise ambitionierten Anfangsphase wurden die Opernaufführungen immer weniger und 1719 schließlich ganz eingestellt.
Alternative: Zurück nach Leipzig?
Kein Wunder, dass sich Graupner wenige Jahre später nach einem neuen beruflichen Wirkungskreis umsah. Es zog ihn dorthin zurück, von wo er einst gekommen war: nach Leipzig.
1683 im sächsischen Kirchberg geboren, folgte Graupner zunächst seinem ersten musikalischen Lehrer nach Reichenbach im Vogtland, bevor er in die Leipziger Thomasschule eintrat. Im Anschluss an seine schulische Ausbildung nahm er das Jurastudium an der Leipziger Universität auf. 1706 verließ er jedoch aufgrund der instabilen politischen Verhältnisse (Auseinandersetzungen Sachsens mit Schweden) die Stadt in Richtung Hamburg, hatte aber vor, bald zurückzugehen. Daraus wurde freilich zunächst nichts; zunächst kam die Anstellung an der Gänsemarktoper und schließlich das Engagement nach Darmstadt dazwischen. Nun aber, rund 16 Jahre, nachdem er Sachsen verlassen hatte, bot sich die Chance auf dauerhafte Rückkehr: Johann Kuhnau, lange Jahre Organist an der Thomaskirche und seit 1701 Thomaskantor, war im Juni 1722 gestorben. Graupner hatte als Schüler der Thomasschule einst bei ihm Unterricht auf dem Clavier und in Komposition erhalten.
Die Aussicht, Nachfolger des einstigen Lehrers werden zu können, mochte für Graupner ebenso ein Kriterium für seine Bewerbung gewesen sein wie die Tatsache, dass es sich nicht um irgendeine Kantorenstelle, sondern die der berühmten Thomaskirche in Leipzig handelte. Zudem dürfte die zunehmend unattraktive Position am Darmstädter Hof – nach der Aufgabe der Oper blieb Graupner neben kleinerer Kammermusik vor allem die Kantatenkomposition für die Sonntagsgottesdienste – eine wichtige Motivation für den angestrebten Wechsel gespielt haben. Heimlich, unter Vortäuschung eines falschen Ziels, begab sich Graupner nach Leipzig und schrieb dort vor Ort die gewünschten Probekompositionen – zur Zufriedenheit der Prüfungskommission, und einer Verpflichtung als Thomaskantor stand eigentlich nichts mehr im Weg – bis auf das letzte Wort, das bei Ernst Ludwig, dem Darmstädter Dienstherrn, lag. Diesem nun scheint es durchaus nicht gefallen zu haben, seinen renommierten Kapellmeister zu verlieren, war doch ein herausragender Musiker ein kulturelles Prestigeobjekt ersten Ranges, auf das man nicht so ohne weiteres verzichtete – und so kam es, dass Graupner schließlich doch in Darmstadt blieb, nicht ohne dass ihm allerdings sein Bleiben durch eine gehörige Gehaltsaufbesserung "versüßt" wurde und er damit zu einem der am besten bezahlten Kapellmeister seiner Zeit avancierte.
"Der Graupner bleibet" – in Darmstadt
Weitere 30 Jahre versah dieser in der Folge seine Tätigkeit in der Residenz von Hessen-Darmstadt, bevor er um den Jahreswechsel 1753/54 seine letzten Kantate in Angriff nahm, die für den Geburtstag Ludwigs VIII. im April 1754 bestimmt war: Das Augenlicht hatte Graupner unwiederbringlich verlassen, und während der verbleibenden sechs Lebensjahre blieben ihm allenfalls hier und da administrative Aufgaben. Wie aber hat sein (musikalisches) Leben in Darmstadt nach dem nicht vollzogenen Wechsel 1723 ausgesehen? Viel ist es nicht, was an belastbaren Informationen zur Verfügung steht, erhalten ist aber eine außerordentlich hohe Anzahl an Kompositionen. Neben der Kirchenmusik schrieb Graupner Kantaten auch zu weltlichen Anlässen, aber auch überaus zahlreiche Instrumentalmusiken der verschiedensten Gattungen.
Nach allem, was wir wissen, lebte er fortan in Darmstadt ein sehr hermetisches Leben, Reisen bzw. Aufenthalte jenseits der Residenz sind so gut wie nicht bekannt. Die Abgeschiedenheit hieß aber noch lange nicht, dass Graupner nicht sehr wohl über den aktuellen Stand in Sachen Kompositionsgeschichte informiert gewesen wäre. Zahlreiche Abschriften von Werken anderer Kollegen, die keinesfalls direkt mit dem Darmstädter Hof in Verbindung zu bringen sind, die Graupner aber eigenhändig abschrieb und davon sogar Aufführungsmaterial erstellte belegen die aktive Rezeption fremder Werke durch die Darmstädter Musiker.
Autograph von Christoph Graupner: Concerto F-Dur für Traversflöte, Viola d'amore, Chalumeau, Streicher und B.C., GWV 327 (Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt)
Vor allem aber schuf Graupner eine Fülle an Werken für seine Hofkapelle; dabei lassen sich seine Kompositionen durchaus als Gradmesser der Fähigkeiten der einzelnen Musiker lesen: Anspruchsvolle solistische Partien lassen auf entsprechende Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kapellmitglieder schließen.
Ob Graupner mit seiner Darmstädter Stelle zufrieden war?
Nach allem, was wir aus seinen (wenigen) persönlichen Äußerungen wissen und nach dem, was sich aus seinen Manuskripten schließen lässt, war er ein überaus fleißiger, korrekter, gewissenhafter, akribischer "Arbeiter", der seine Dienstverpflichtungen mehr als ernst nahm und der deshalb wohl des Öfteren auch mit seinem Dienstherrn haderte. Sowohl Ernst Ludwig als auch dessen Sohn und Nachfolger Ludwig VIII führten ein eher unstetes Leben jenseits der Darmstädter Residenz und präferierten die Reisekutsche bzw. die Jagd. 1739 starb nicht nur Graupners erster Dienstherr Ernst Ludwig, sondern auch sein Vize-Kapellmeister Gottfried Grünewald (1673-1739), und Graupner war ab diesem Zeitpunkt alleinverantwortlich für die sonntäglichen Kantaten – eine Pflicht, die ihm zu einer veritablen Last wurde, wie er in seiner für Johann Matthesons Ehrenpforte verfassten Selbstbiographie schreibt. Unterstützt wurde Graupner fortan von Johann Samuel Endler (1694-1762), der nach Graupners Tod offiziell das Amt des Hofkapellmeisters übernahm.
Als Bedienste des Hofes waren Musiker seinerzeit – da wurde zwischen Kapellmitgliedern und ihrem musikalischen Leiter kaum ein Unterschied gemacht – Kultur"besitz" des jeweiligen Regenten, der für diesen mitunter mit einer Exklusivität einherging, die jegliche Außenwirkung unterband. So geschehen im Fall von Haydns erstem Dienstherrn, scheint dies auch für die Darmstädter Verhältnisse durchaus im Bereich des Möglichen. Damit ließe sich auch plausibel erklären, warum außerhalb von Darmstadt so gut wie keine weiteren musikalischen Werke Graupners erhalten sind (bzw. für die wenigen externen Überlieferungen sind die Provenienzen nachvollziehbar und schwächen die Exklusivitätstheorie nicht).
Es scheint, als habe sich Graupner 1723 klaglos in sein Schicksal gefügt; immerhin ermöglichte ihm die finanzielle Besserstellung auch die (vermeintliche) Absicherung seiner persönlichen Verhältnisse (die notorische Geldnot am Darmstädter Hof ließ auch ihn – wiewohl gegenüber allen anderen Kapellmitgliedern deutlich bevorzugt – später immer wieder auf sein Gehalt warten); er hatte bereits 1711 Sophie Elisabeth Eckard, die Tochter eines Pastors aus Bischofsheim, geheiratet und war 1723 bereits Vater von vier Kindern; drei weitere folgten zwischen 1725 und 1732. Im Vergleich zu einem möglichen Wirkungskreis als Kantor in Leipzig blieb Graupner als Hofkapellmeister in Darmstadt ein größerer Abwechslungsreichtum in seinem musikalischen Schaffen: Wenngleich auch bei ihm das Kantatenwerk im Zentrum stand, beinhaltete die Tätigkeit am Hof aber in weit größerem Maße auch das Schreiben von Instrumentalmusik, die als höfische Unterhaltung selbstverständlicher Bestandteil der Residenzkultur war.
Ein dichtgedrängtes Konzertprogramm beim ersten der beiden "Graupner-Musiktage"
Nicht erst seit heute weiß man in Darmstadt lokale Ereignisse würdig zu begehen. "Flocke Darmstadt! Sei erfreut, der Himmel lacht dich an", beginnt der Text einer Kantate, die Christoph Graupner zum Geburtstag seines Dienstherrn, dem Landgrafen Ernst Ludwig, im Jahre 1723 vertonte. Zum vermutlich zweiten Mal seit seiner Entstehung erklang das Werk nun im Hessischen Landesmuseum bei der Eröffnung jener Feierlichkeiten, mit denen die Stadt Darmstadt den 300. Geburtstag des Komponisten Christoph Graupner beging. Die "Graupner-Musiktage" werfen einen Blick zurück in die Darmstädter Kulturgeschichte, der not tut, denn Werk und Persönlichkeiten Graupners, der von 1709 bis zu seinem Lebensende im Jahre 1760 in Darmstadt wirkte, sind nach wie vor weitgehend unbekannt - eifrigen Besuchern der "Graupner Musiktage" nun vielleicht ein wenig vertrauter.
Wenn auch Oswald Bill in seinem in die Tage einführenden Worten davor warnte, die Figur Graupners zu idealisieren oder zu heroisieren, so war doch kräftige lokalpatriotische Begeisterung ob des Jubiläums in den Grußworten spürbar. Oberbürgermeister Günther Metzger rückte, zwischen fast wehmütige Reminiszenz an landgräfliche Zeiten und stadtväterlichem Selbstbewusstsein, die Kontinuität der Kunstförderung in Darmstadt in den Mittelpunkt ...
Christoph Graupner ist der bedeutendste Musiker der älteren Residenzgeschichte der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Geboren 1683 im sächsischen Kirchberg, kam er 1709 nach Darmstadt, wo er zunächst das Amt des Vizekapellmeisters bekleidete, bevor er 1711 als Nachfolger von Wolfgang Carl Briegel an die Spitze der Hofkapelle aufrückte. Der von Graupner angestrebte Wechsel nach Leipzig als Nachfolger seines einstigen Lehrers Johann Kuhnau als Thomaskantor wurde 1723 von seinem Darmstädter Dienstherrn, Landgraf Ernst Ludwig, verhindert, der seinen besten Musiker nicht verlieren wollte. Graupner kam so schließlich auf 45 aktive Dienstjahre in der Hofkapelle von Hessen- Darmstadt; er erblindete 1754, behielt den Posten des Hofkapellmeisters aber nominell bis zu seinem Tod 1760.
Bereits im Anstellungsvertrag von 1709 war Graupners Zuständigkeit für die gesamte Musik am Hof, sowohl „in als außer der Kirchen“ geregelt: komponieren, dirigieren und „accompagniren“ auf dem Cembalo. Während Kirchenkantaten für den gesamten Zeitraum von Graupners Engagement existieren (insgesamt sind über 1450 Werke erhalten), scheint die Überlieferung von weltlicher Instrumentalmusik erst Ende der 1720er Jahre einzusetzen – „scheint“, weil diese Kompositionen undatiert und Rückschlüsse nur indirekt möglich sind: über Schrift- oder Papiervergleich mit den datierten Kantaten sowie durch erhaltene Dokumente etwa zum Verbrauch von Schreibmaterial.
Triosonate in C-Dur für Fagott, Basschalumeau und Basso continuo
Eine singuläre Kopplung, die in der Literatur ansonsten ihresgleichen sucht, ist jene von Fagott und Basschalumeau als Oberstimmenpaar im Trio GWV 201. Graupner liebte die dunkleren Klangfarben und kombinierte immer wieder tiefere Instrumente miteinander. So gibt es neben der Sonate GWV 201 eine Ouverture für Chalumeau, Fagott und Streicher (GWV 407) sowie ein Konzert für Chalumeau, Fagott, Violoncello und Streicher (GWV 306).
Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo C-Dur
Unter den Solokonzerten nehmen die vier Werke für solistisches Fagott einen besonderen Stellenwert ein; keinem anderen Instrument hat er mehr konzertierende Aufgaben zugewiesen. Zusammen mit den zahlreichen Kantaten, in denen den Sängern in einzelnen Arien ein Solofagott an die Seite gestellt wird, hat Graupner so ein einzigartiges Nischenrepertoire geschaffen, das in der Barockzeit nur von den zahlreichen Konzerten Antonio Vivaldis übertroffen wird. Anlass für die Entstehung der Kantaten mit solistischem Repertoire, aber wahrscheinlich auch der vier Konzerte, war die Verpflichtung eines neuen Hofkapellmitgliedes, des im Frühjahr 1736 aus Zerbst nach Darmstadt engagierten Fagottisten Johann Christian Klotsch.
Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo c-moll
Das Konzert c-moll GWV 307 nimmt eine Sonderstellung unter Graupners Konzerten für Fagott ein; es steht nicht nur als einziges in einer Molltonart – für Konzerte dieser Zeit generell eher selten –, sondern verzichtet auch auf die in Vivaldis Konzerttypus entwickelte Dreisätzigkeit, die üblicherweise zum Vorbild auch für deutsche Komponisten wurde. Mit seiner Tempoabfolge langsam – schnell – langsam – schnell und seinem harmonischen Bauplan (bei dem der dritte Satz in der Paralleltonart steht) erinnert Graupners c-moll Konzert viel eher an die vergleichsweise strenge, ebenfalls viersätzige Kirchenso- nate der Zeit, auch sie war, wie die Konzertform, eine „Erfindung“ aus Italien.
Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur
Das Konzert GWV 310 folgt dem dreisätzigen Typus, wie ihn Antonio Vivaldi in Italien geprägt hatte, mit einem langsamen Mittelsatz und zwei schnellen Ecksätzen. Anders als Vivaldi geht es Graupner aber weniger um Virtuosität des Soloinstruments – auch das gewählte Register stellt keine besondere Heraus-forderung dar. Insbesondere der Eröffnungssatz wird von der eigenständig spielfreudigen Solo-stimme dominiert: Nach einem freien Eintritt greift sie nur zu Anfang das Hauptmotiv des Satzes auf, um im Folgenden ausschließlich mit Spielfiguren verschiedener Art aufzuwarten: Dreiklangsbrechun-gen, schnellen Tonrepetitionen ebenso wie latent zweistimmiges Komponieren...
Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur
Längst nicht in allen Konzerten folgt Graupner dem italienischen dreisätzigen Vorbild Vivaldis; in seinem Konzert GWV 311 D-dur erweitert er das Modell um einen einleitenden Satz in langsamem Tempo (Grave), bei dem es vor allem um kammermusikalisches Miteinander im Sinn kontrapunktischen Musizierens zwischen Soloinstrument und den Violinen geht...
Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur
Graupner ist generell für seine individuellen kompositorischen Lösungen bekannt; „Standard“ gibt es bei ihm nicht, jede Kantate, aber auch jedes Solokonzert überrascht mit eigenem Profil. Das Konzert D-dur GWV 312, einerseits nach dem italienischen Vorbild Vivaldis dreisätzig, geht in der Anlage der Sätze aber doch sehr eigene Wege. Sie gleicht einem Rückwärts-Schreiten durch die Musik-geschichte seiner Zeit: Der erste Satz ist „allegro“ im engen Wortsinn, heiter, lebhaft, spielfreudig und weist mit seiner melodischen Substanz eindeutig in die frühklassische Richtung. Die Flöte ist eng mit dem begleitenden Orchester verzahnt...
Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo E-Dur
Deutlicher noch als in den Flötenkonzerten GWV 310-312 zeigt sich am Konzert E-dur GWV 320, dass der von Graupner im Manuskript festgehaltene Notentext das Werk nicht vollständig wiedergibt: Mit langen Haltetönen und dem Fehlen jeglicher virtuoser Ausgestaltung bietet die Flötenstimme so, wie sie notiert ist, zunächst das Gerüst vor. Improvisierende Verzierungspraxis gehörr unbedingt dazu, um den Intentionen Graupners auf die Spur zu kommen. Insofern eignet sich dieses Konzert besonders für das Studium der historischen Aufführungspraxis...
Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo D-Dur
Das Konzert G-Dur GWV 328 ist das kürzeste unter den vier Fagottkonzerten, steht den anderen aber an Ausdrucksintensität und solistischer Profilierung in nichts nach. Energisch ist der Grundcharakter des eröffnenden Allegros, bedingt durch den synkopischen Duktus, mit dem das Hauptmotiv des Satzes anhebt. Zusammen mit dem auf ihn folgenden abwärtsgerichteten Lauf sorgt er für eine durchgängige Lebendigkeit und Motorik des Satzes. Soloinstrument und Orchester sind eng miteinan- der verzahnt: Auf kurzem Raum spielen sich die Partner immer wieder die Bälle zu.
Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo G-Dur
Seinem Konzert in G-dur GWV 329 legt Graupner als äußeren Rahmen den Formtyp der barocken Kirchensonate mit der Satzfolge langsam – schnell – langsam – schnell zugrunde. Satzintern hingegen verabschiedet sich der Komponist aber weitgehend vom italienischen Formmodell in Sinn Vivaldis mit seinen virtuosen Episoden für das Soloinstrument (am ehesten erinnert noch der zweite Satz an das italienische Vorbild). Außergewöhnlich kommt der 3. Satz daher: beginnend im Unisono, folgen spannungsreiche Takte durch scharfe Vorhalte und chromatische Wendungen...
Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo B-Dur
Das Konzert B-Dur GWV 340 ist ganz auf den Finalsatz ausgerichtet, der nicht nur quantitativ, sondern auch qua- litativ einen besonderen Stellenwert erhält: Er ist als Da- Capo-Arie gestaltet, in der das Soloinstrument mit klar konturiertem Thema dominiert – und bei entsprechender Tempowahl durchaus brilliert. Vorbereitet wird dieser Satz durch zwei unterschiedliche Stimmungsbilder, in der sich das Fagott stärker als „primus inter pares“ zeigt.
Ouverture in G-Dur »Entrata per la Musica di Tavola« für Streicher und Basso continuo
Nur fünf der Ouvertüren tragen die spezielle Bezeichnung „Entrata per la Musica di Tavola“ und werden da- mit unmissverständlich als Tafelmusik ausgewiesen; denkbar ist freilich, dass auch die übrigen Ouverturen der Unterhaltung des Landgrafen während des Mahles dienten.
Sinfonie in Es-Dur für 2 Hörner, 4 Pauken, Streicher und Basso continuo
Die Sinfonie GWV 559 steht mit ihren fünf Sätzen ohne Bezug zu zeitgenössischen Tanzsatzmodellen gewisser- maßen in der Mitte zwischen Ouverturenform und der Herausbildung der frühklassischen Sinfonie mit abstrakten Satzformen (sieht man einmal vom Menuett ab).
Die Kantate wurde von Graupner für den Sonntag Laetare der Passionszeit 1746 (20. März) geschrieben; die Partitur datiert vom März 1746.
Den Text entnahm er dem Kantatenjahrgang 1736/37 Zufällige Andachten, Welche über besondere in denen ordentlichen Sonn= und Fest=Tags=Evangelien vorkommende bedenckliche Worte und Ausdrücke, Als Texte zur Kirchen-Musik, In der Hoch=Fürstlichen Schloß=Capelle zu DARMSTADT, auf das 1737.te Jahr angestellt und aufgesetzt worden von Johann Conrad Lichtenberg.
Kantate "Ach Gott, wie lange soll der Widerwärtige"
Die Kantate wurde von Graupner für den Sonntag Oculi der Passionszeit 1753 (25. März) geschrieben; die Partitur datiert vom März 1753.
Den Text entnahm Graupner dem Kantatenjahrgang Andächtige Psalter=Lust oder TEXTE zur Kirchen=MUSIC welche über auserlesene und mit denen Sonn= und Fest=Tags Evangeliis harmonirende Sprüche aus denen Psalmen Davids poetisch aufgesetzt worden; und in Hoch=Fürstl. Schloß=Capelle zu DARMSTADT das 1731.te Jahr hindurch musiciret werden sollen, Darmstadt 1730 von Johann Conrad Lichtenberg.
Eine erste Edition dieser Kantate hatte Friedrich Noack im Rahmen der Denkmäler Deutscher Tonkunst Bd. 51/52 herausgegeben: Christoph Graupner, Ausgewählte Kantaten, Leipzig 1926.
Datum: Samstag, 11. Juni 1983, 11.00 Uhr Ort: Hessisches Landesmuseum, Darmstadt (D) Veranstalter: Hessisches Landesmuseum, Landes- und Hochschulbibliothek, Kammerorchester Merck
Graupner 1983
Graupner Musiktage Darmstadt 11./12. Juni 1983
Veranstalter: Historische Veranstaltung vom Büro für Graupner-Musiktage, Presse- und Informationsamt, Neues Rathaus, Luisenplatz 5, 6100 Darmstadt.
11. Juni 1983, 11:00 Uhr, Hessisches Landesmuseum
Eröffnung der Musiktage und der Ausstellung zu Leben und Werk des Kompinisten
Christoph Graupner (1683-1760): Sinfonie D-Dur für 2 Trompeten, Streicher und B.C. → GWV 511 Allegro - Poco Allegro - Presto
Grußworte: Oberbürgermeister Günther Metzger Zur Ausstellung: Dr. Oswald Bill
Christoph Graupner (1683-1760):Kantate "Frohlocke Darmstadt" → GWV 1061 zum Geburtstag des Landgrafen Ernst Ludwig (1723) für Sopran, Bass, Chor und Orchester
Christoph Graupner (1683-1760): Ouvertüre à 3 Chalumeaux C-Dur →GWV 401 Ouverture - Air affettuoso - Menuett - Gavotte - Sarabande - Echo
Christoph Graupner (1683-1760): Trio à Viola d´Amore, Chalumeau e Cembalo F-Dur → GWV 210 Largo - Allegro - Andante - Vivace
Valentin Rathgeber (1682-1750): Concerto für Klarinette, 2 Violinen und B.C. C-Dur op. 6 Nr. 19 Allegro - Adagio - Andante
Christoph Graupner (1683-1760): Sonate für Violine und Cembalo obligato g-moll → GWV 215 Largo - Allegro - Andante - Vivace
Georg Philipp Telemann (1681-1767): Sonate für 2 Chalumeaux, Violini unisono und B.C. F-Dur Largo - Allegro - Grave - Vivace
Ausführende:
Züricher Klarinetten Trio mit Hans Rudolf Stalder (Alt-Chalumeaum Barockklarinette), Heinz Hofer (Tenor-Chalumeau), Elmar Schmid (Baß-Chalumeau)
Ensemble der Schlosskonzerte Bad Krozingen: Dorothea Jappe (Viola d´Amore, Violine), Herbert Höver (Violine), Michael Jappe (Viola da Gamba), Rolf Junghans (Cembalo)
11. Juni 1983, 19:00 Uhr, Orangerie Darmstadt
Vortrag:
Prof. Dr. Peter Cahn (Frankfurt): Die Instrumentalmusik Graupners
11. Juni 1983, 20:00 Uhr. Orangerie Darmstadt
Orchesterkonzert
Christoph Graupner (1683-1760): Tripelkonzert für Flöte d´Amore, Oboe d´Amore, Viola d´Amore und Streicher G-Dur→ GWV 333 Grave - Allegro - Largo - Vivace
Johann Samuel Endler (1694-1762): Sinfonie d-moll für Streicher (Erstaufführung) Presto - Andante - Menuett I, II
Christoph Graupner (1683-1760): Konzert für Altblockflöte und Streicher F-Dur → GWV 323 Allegro - Andante pizzicato - Allegro
Georg Friedrich Händel (1685-1759): Concerto grosso op. 3 Nr. 2 B-Dur Vivace - Largo - Allegro (Andante) - Allegro
Georg Philipp Telemann (1681-1767): Tripelkonzert für Flöte, Oboe d´Amore, Viola d´Amore und Streicher E-Dur Andante - Allegro - Siciliano - Vivace
Carl Friedrich Fasch (1736-1800): Tripelkonzert für Trompete, Oboe d´Amore, Violine und Streicher E-Dur Allegro - Affettuoso - Allegro
Ausführende:
Paul Dombrecht (Oboe und Oboe d´Amore), Dorothea Jappe (Viola d´Amore), Norbert Bondino (Violine), Anita Mitterer (Violine), Peter Tahlheimer (Flöte und Flöte d´Amore), Joachim Pliqett (Trompete), Daniel Robert Graf (Violoncello), Akihiro Adachi (Kontrabass), Karl Ventulett (Fagott), Reinhardt Menger (Cembalo)
Kammerochester Darmstadt, Leitung: Wolfgang Seeliger
12. Juni 1983, 10:00 Uhr, Stadtkirche Darmstadt
Gottesdienst
Christoph Graupner (1683-1760): Kantate "Der Herr ist Gott der uns erleuchtet" → GWV 1138/53 (Erstaufführung) Kantate zum 1. Pfingsttag 1753 für Soli, Chor, 2 Hörner, Pauken, 2 Flöten und Streicher
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Kantate "Wer mich liebet, der wird mein Wort halten" BWV 59 Kantate zum 1. Pfingsttag 1723 für 2 Trompeten. Pauken, Streicher und Chor
Ausführende:
Inge Rothfuchs (Sopran), Helmut Wendt (Bass)
Chor und Orchester der Darmstädter Kantorei, Leitung: Berthold Engel
12. Juni 1983, 10:00 Uhr, Auferstehungskirche Arheilgen
Gottesdienst
Christoph Graupner (1683-1760): Kantate "Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken"→ GWV 1138/46 (Erstaufführung) Kantate zum 1. Pfingsttag 1746 für Soli, Chor, Flöte, 2 Hörner, 2 Trompeten, Pauken und Streicher
Ausführende:
Marie Koupilova (Sopran), Manfred Hillen (Tenor), Alois Treml (Bass)
Chor der Auferstehungsgemeinde, Kammerorchester der Auferstehungsgemeinde, Leitung: Karl-Heinz Hüttenberger
12. Juni 1983, 10:00 Uhr, Christuskirche Eberstadt
Gottesdienst
Christoph Graupner (1683-1760): Kantate "Wer Ohren hat zu hören, der höre" → GWV 1143/40 (Erstaufführung) Kantate zum 2. Sonntag nach Trinitatis 1740 für Soli, Chor und Orchester
Ausführende:
Ursula Ott (Sopran), Jürgen Wagner (Tenor), Vernon Wicker (Bass)
Chor und Orchester der Christuskirche, Leitung: Oswald Bill
12. Juni 1983, 16:00 Uhr, Orangerie Darmstadt
Cembalokonzert
Christoph Graupner (1683-1760): Ouvertüre und Chaconne F-Dur (Erstaufführung)
Gottfried Grünewald (1675-1739): Partita a-moll (Erstaufführung) Allemande - Corrente - Sarabande - Air en Bourrée - Menuet 1 und 2 - Gigue
Georg Muffat (1653-1704): Passacaglia g-moll (1690)
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Partita IV D-Dur (1729) Ouverture - Allemande - Courente - Aria - Sarabande - Menuet - Gigue
Jacques Duphly (1715-1789): Pièces de Clavecin La Forqueray - Médée - Les Graces - Menuets - La Félix - Chaconne
Ausführender:
Bob van Asperen (Cembalo)
12. Juni 1983, 19:00 Uhr, Kongreßhalle Luisen-Center Darmstadt
Vortrag:
Dr. Vernon Wicker (Seattle): Die Kantaten Graupners
12. Juni 1983, 20:00 Uhr, Kongreßsaal, Luisen-Center Darmstadt
Chor-Orchesterkonzert
Christoph Graupner (1683-1760): Ouvertüre D-Dur für 2 Trompeten, Pauken, Streicher →GWV 420 (Erstaufführung) (Grave, Allegro, Grave) - Rejouissance - Air en Rondeau - Menuett I/II - Tombeau - Marche
Johann Friedrich Fasch (1688-1758): Kantate "Lobe den Herrn meine Seele" (Erstaufführung) Kantate für 2 Oboen, Pauken und Streicher
Georg Philipp Telemann (1681-1767): Kantate "Viele sind berufen" Kantate zum 11. Sonntag nach Trinitatis 1723 für 3 Trompeten, 2 Oboen, Pauken und Streicher
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Bewerbungskantate "Jesus nahm zu sich die Zwölfe" BWV 22 für Soli, Chor, Oboe und Streicher
Christoph Graupner (1683-1760): Bewerbungskantate "Lobet den Herrn alle Heiden"→ GWV 1113/23b (Erstaufführung) für 2 Trompeten, 2 Oboen, Paulen und Streicher
Ausführende:
Maria Zedelius (Sopran), Renè Jacobs (Alto), Hans Blochwitz (Tenor), Philippe Huttenlocher (Bass), Paul Dombrecht (Oboe), Trompetenensemble Joachim Pliquett, Berthold Anhalt (Pauke), Daniel Robert Graf (Violoncello), Reinhardt Menger (Orgelpositiv)
Konzertchor Darmstadt, Kammerorchester Darmstadt, Leitung: Wolfgang Seeliger
Graupner im Märchen
Graupner im Märchen
Ernst Pasqué(1821-1892) hat mit seinem Märchen „Die Goldene Orgel“ in der ersten Version aus dem Jahre 1867 viele Einzelheiten aus dem Leben des Barock-Komponisten Christoph Graupner (1683-1760) in eine Schilderung um das Jahr 1723 gefasst.
Das Buch "Aus der Welt der Töne" (Verlag von Otto Spamer, Leipzig und Berlin, 1882, 472 Seiten.) mit dem Untertitel "Erlebnisse eines Mädchen-Quartetts im Haidehause. Onkel Reinhold ́s Erzählungen aus dem Bereich der Oper, des Volksliedes, des Künstlerthums und des Tanzes." ist reich mit Bildern geschmückt und wurde vom Verfasser Ihrer Durchlaucht der Frau Prinzessin Julie von Battenberg gewidmet. Das Märchen erscheint auf den Seiten 174-205 und ist mit drei Bildern ausgeschmückt:
Das große Märchen: Die Goldene Orgel
Genießen Sie nun das vollständige Märchen „Die Goldene Orgel“ auf über 31 Seiten! Damit ist es als Gute-Nacht-Geschichte für die Enkel sicher zu lang, für Sie jedoch mit einem schönen Glas Wein genüsslich im Sessel eventuell eine Wohltat.
Das Märchen enthält vier Kapitel:
I. Ein fürstlicher Hofkapellmeister des vorherigen Jahrhunderts Vor mehr denn hundert Jahren lebte in der damals landgräflichen Residenz Darmstadt ein Musikus mit Namen Christoph Graupner. Selbiger war ein ganzer Meister in seiner Kunst, nicht allein ein fruchtbarer und gründlicher, oder wie man Anno dazumal sagte, „reinlicher“ Komponist, sondern auch ein gewaltiger Spieler und Virtuos auf dem herrlichsten Instrument, der Orgel ...
II. Der fahrende Musikant Mit froher Zuversicht und selbst wahrhaft gehoben durch die Macht seines Spiels, langte Graupner in seiner Wohnung an. Er fand seinen kranken Knaben in ruhigem Schlummer, bewacht von der sorgenden Mutter. Die kummervollen Züge der Frau heiterten sich etwas auf, als sie in das frohe, leicht gerötete Antlitz des Gatten schaute, der sie mit Gruß und Kuss herzlich ...
III. Die St. Johannisnacht Den fahrenden Gesellen hatte Graupner, um Aufsehen zu vermeiden, voraus ziehen lassen; vor der Stadt holte er ihn ein und vereint wanderten beide Männer weiter, die Bergstraße entlang und der Stadt Heidelberg zu. Der fremde Musikus erwies sich nunmehr als ein gar lustiger Patron. Er kehrte fleißig in den Schenken am Wege ein und erlabte sich nach Herzenslust ...
IV. Der König David Hoch am Himmel stand die Sonne und sandte ihre warmen Strahlen herab in das kleine Thal, als Graupner aus tiefem Schlaf erwachte. Er befand sich an derselben Stelle, wo er sich am Abend niedergeworfen, auf dem moosigen Abhange unter den Kiefern. Vor ihm lag der Sumpf mit seinem Schilf und Blätterwerk, und seiner stillen trüben Wasserfläche. Zur Seite erblickte er ...
Wahrheit oder Fiktion?
Inwieweit fusst das Märchen wirklich auf den Lebensdaten von Christoph Graupner? Dieser Fragestellung geht das Buch "Ernst Pasqué - Stimme & Feder" unter dem Kapitel "Wahrheit oder Fiktion im Märchen?" nach und erläutert Ihnen die neuesten Erkenntnisse.
Graupners Bewerbung um das Leipziger Thomaskantorat (I): Zur Abfolge seiner Probestücke und ihrer falschen Anordnung im Graupner-Werke-Verzeichnis (GWV)
Graupners Bewerbung um das Leipziger Thomaskantorat (I): Zur Abfolge seiner Probestücke und ihrer falschen Anordnung im Graupner-Werke-Verzeichnis (GWV)
Guido Erdmann, Königsbrunn, April 2023
Als Christoph Graupner am 17. Januar 1723 seine beiden Probemusiken erklingen ließ, war er der vorletzte Bewerber um das Leipziger Thomaskantorat. Graupner war nach der Absage Georg Philipp Telemanns, des berühmtesten Komponisten jener Zeit, zum Wunschkandidaten des Leipziger Rates geworden. Als überaus fähiger Komponist und geschickter Organisator hatte Graupner es als Hofkapellmeister in Darmstadt geschafft, deutschlandweit herausragende Sänger und Instrumentalvirtuosen an die kleine Residenzstadt zu binden und dort ein weithin beachtetes Ensemble zu formen.1 Biografie, Leumund und Person Graupners machten auf den Leipziger Rat einen außerordentlich soliden Eindruck, hatte er doch verschiedene Empfehlungsschreiben (u. a. seines Mentors, des Dresdener Hofkapellmeisters Johann David Heinichen) vorzuweisen und kannte im Grunde die Leipziger Verhältnisse – wenn auch mit zeitlichem Abstand von etwa 20 Jahren. Bevor nämlich Hamburg und Darmstadt auf der musikalischen Karriereleiter gefolgt waren, hatte Graupner selber die Thomasschule besucht, als Chorpräfekt das Kantoreien-System durchlaufen2, war Meisterschüler der verstorbenen Thomaskantoren Johann Schelle und Johann Kuhnau3 gewesen und hatte schließlich in Leipzig Jura studiert4. Graupner war lokal sozialisiert, hervorragend ausgebildet, er war offensichtlich engagiert und im Umgang konziliant, dazu noch immer vernetzt in der Messestadt und bestens vertraut mit ihren kirchenmusikalischen Möglichkeiten und Konventionen. Alles deutete zweifellos auf eine Führungspersönlichkeit, die einer Doppelanforderung als Kantor der Leipziger Hauptkirchenmusik einerseits sowie andererseits als maßgeblicher Pädagoge an der angegliederten Erziehungsanstalt gewachsen gewesen wäre. Dies war auf Seiten der meisten Ratsmitglieder bereits klar, bevor zwei Tage später überhaupt die ersten Töne von Graupners imposanten Probestücken in der Thomaskirche erklangen.5 Der Bachforscher Hans-Joachim Schulze resümiert um 1978: „Dass eine Berufung des Darmstädter Meisters nach Leipzig der städtischen und kirchlichen Musikpflege nennenswerte Impulse gegeben hätte, ist so gut wie sicher; kann doch Graupner auch aus heutiger Sicht einer der bedeutendsten Komponisten der Bach-Zeit genannt werden.“6
Am Ende sollte es sich als klug erweisen, dass sich die Ratsmitglieder trotz Graupners überzeugendem Auftritt entschieden, ferner den Köthener Hofkapellmeister Johann Sebastian Bach zur Kantoratsprobe nach Leipzig einzuladen. Zwar favorisierte man Graupner als zukünftigen Director Musices, so dass lediglich ein Personenkreis von kirchenmusikalisch Begeisterten Bachs Probemusiken anerkennend noch registrierte. Doch zum großen Glück für Darmstadt sollte Graupner letztlich von seinem hessischen Landesherrn nicht freigegeben werden, wodurch Bach als letzter Bewerber in Leipzig schließlich zum Zuge kam und – entgegen eigener Bedenken7 – Ende Mai 1723 das Thomaskantorat übernahm.
5. Juni 1722 Tod des bisherigen Leipziger Thomaskantors Johann Kuhnau
9. August 1722 Probeaufführung (Nikolaikirche) von Georg Philipp Telemann, (10. n. Trinitatis) wohl mit zwei Kompositionen8
29. November 1722 Probeaufführungen (Thomaskirche) von Andreas Christoph Duve (1. Advent) und Georg Friedrich Kauffmann mit je einer Komposition
17. Januar 1723 Probeaufführung (Thomaskirche) von Christoph Graupner (2. n. Epiphanias) Lobet den Herrn alle Heiden, Aus der Tiefen
2. Februar 1723 Probeaufführung (Nikolaikirche) von Georg Balthasar Schott (Mariä Reinigung) Zwei Kompositionen? Wiederholung in der Vesper der Neukirche?
7. Februar 1723 Probeaufführung (Thomaskirche) von Johann Sebastian Bach (Estomihi) Jesus nahm zu sich die Zwölfe, Du wahrer Gott und Davids Sohn
Herr der Zeiten
Festliche Neujahrsmusik am Darmstädter Hof
Als Johann Sebastian Bach 1723 seinen Dienst als Thomaskantor antritt, ist er nur dritte Wahl: Lieber hätten die Verantwortlichen in Leipzig Georg Philipp Telemann oder Christoph Graupner auf dem Posten gesehen. Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt hatte den Musiker 1709 an seinen Hof geholt, und bereits 1711 war er zum Hofkapellmeister aufstiegen. 1722 wurde er in Leipzig zum Thomaskantor gewählt – doch auf Geheiß seines Fürsten musste er die Berufung als Nachfolger von Johann Kuhnau ablehnen. Doch nicht zu Graupners Schaden: Sein ohnehin bereits hohes Gehalt wurde noch einmal aufgebessert ...
So konnte Johann Sebastian Bach die Stelle erhalten. Und Graupner blieb bis zu seinem Tod am Hof des Landgrafen. Sein überaus reiches Werk ist nahezu vollständig in der Darmstädter Bibliothek erhalten.
Der exzellente Graupner-Kenner Dr. Oswald Bill hat aus repräsentativen Sätzen mehrerer Neujahrsmusiken ein oratorisches Werk zusammengestellt, das ein glänzendes Bild dieses ausgezeichneten, kreativen Komponisten gibt. Höchste Zeit, dass seine Musik auch in Wiesbaden wiederentdeckt wird!
Das von Christian Rohrbach betreute Ensemble Barock vokal ist ein separater Teil des Exzellenzprojektes Barock vokal. Es tritt u. a. regelmäßig in den Barockoper-Produktionen der Oper Frankfurt auf. Barock vokal, Kolleg für Alte Musik ist ein Exzellenzprogramm für fortgeschrittene Gesangsstudierende und junge Sängerinnen und Sänger, die über hervorragende gesangstechnische und interpretatorische Grundlagen verfügen.
Ausführende:
Barockorchester, Chor und Vokalsolisten des Kollegs für Alte Musik Barock vokal, Mainz, Leitung: Christian Rohrbach
Aus heutiger Sicht ist die Musik von Johann Sebastian Bach nicht nur über jeden Zweifel erhaben, sondern sie gilt als ein Gipfelpunkt der abendländischen Kultur überhaupt. Das war allerdings nicht immer so, denn als sich Bach 1723 um das Amt des Thomaskantors in Leipzig bewarb, musste er in einen Wettstreit mit dem Konkurrenten Christoph Graupner treten. Graupner war von Georg Friedrich Telemann, der eigentlich die erste Wahl war, den Posten aber zuvor abgelehnt hatte, empfohlen worden. Nun, Bach verlor den Wettbewerb, doch er hatte Glück. Graupners Dienstherr, der Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt ließ seinen Hofkapellmeister nicht ziehen. Graupner musste ablehnen und Bach wurde Thomaskantor.
Warum fand Graupners Musik seinerzeit mehr Anklang als die Bachs? Und wie empfinden wir das heute? Welche Kriterien dominieren aus der historischen Distanz, fast 300 Jahre später? Diesen hoch spannenden Fragen geht das Abschlusskonzert des Festivals nach, indem der Wettstreit zwischen Graupner und Bach mit den gleichen Werken wie damals nachgestellt wird. Moderator Albrecht Zummach versorgt spitzfindig mit Informationen zum Kontext des Wettbewerbs, und das Publikum wird zum unvoreingenommenen (?) Juror, denn die Stücke werden anonym gespielt. Die Entscheidung, welches das Bessere oder eben das Schlechtere sei, erfolgt schließlich per Abstimmung. Ob Graupner sich wohl wieder behaupten kann? Ganz ohne Wettbewerb werden im zweiten Konzertteil Werke von Bach, Telemann und Graupner zu hören sein – alle drei potenziellen Thomaskantoren vereint in einem versöhnlichen Ausklang des Kölner Fest für Alte Musik 2020.
Ausführende:
Hannah Morrison (Sopran), Elvira Bill (Alt), Benjamin Glaubitz (Tenor), Joachim Höchbauer (Bass)
Christoph Schaffrath (1709-1763): Sinfonie à 4 in c-moll für Streicher und B.C.
Johann Wilhelm Hertel (1727-1789): Oboenkonzert C-Dur für Streicher und B.C.
Christoph Graupner (1683-1760): Concerto B-Dur für 2 Traversflöten, 2 Oboen, 2 Violinen, Viola und B.C. → GWV 344
Johann Friedrich Fasch (1688–1758): Ouverture-Suite g-moll FaWV K:g1a
Carl Friedrich Abel (1723-1787): Symphonie Concertante à plusieurs Iistruments obligés B-Dur WK 42
Ausführende:
Xenia Löffler (Oboe)
Akademie für Alte Musik Berlin, Leitung: Georg Kallweit
Datum: Freitag, 14. August 2020, 21.00 Uhr Ort: St. Elisabeth Kirche, Berlin (D) Veranstalter: Akademie für Alte Musik Berlin
Who's next? Die Wahl zum Thomaskantor 1723 – Demut & Vorbilder XXI
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Triosonate G-Dur, BWV 1038
Johann Friedrich Fasch (1688-1758): Sonate für Violine und B.C. A-Dur
Georg Philipp Telemann (1681-1767): Kantate "Ihr Völker, hört" für Alt, Blockflöte und B.C., TWV 1:921 aus dem «Harmonischen Gottestdienst»
Georg Philipp Telemann (1681-1767): Arie "Ergeuss dich zur Salbung der schmachtenden Seele für Alt, Violine und B.C., TWV 1:448 aus dem «Harmonischen Gottesdienst»
Christoph Graupner (1683-1760): Sonate für Flöte, Viola d'amore und B.C. d-moll GWV 207" → GWV 207
Johann Sebastian Bach (1685-1750): Allemande aus «Solo pour la flûte traversière»
Johann Sebastian Bach (1685-1750):Kantate "Himmelskönig, sei willkommen", BWV 182, Arie "Leget Euch dem Heiland unter"
Georg Philipp Telemann (1681-1767): Quartett für Blockflöte, Violine, Violoncello obligato und B.C., TWV 43:a3
Ausführende:
Anna Lucia Richter (Alt), Evgeny Sviridov (Barockvioline), Marco Testori (Barockcello), Olga Watts (Orgel & Cembalo), Leitung und Blockflöte: Dorothee Oberlinger
Das Barockfest Darmstadt ist mit dem Auftaktkonzert "Leipzig, 1723" in der Orangerie eröffnet worden
DARMSTADT. Mit einem Abstecher in die Stadt des Thomaskantors Johann Sebastian Bach wurde am Freitag das Barockfest Darmstadt in der Orangerie eröffnet. „Leipzig, 1723“ – hinter diesem geheimnisvollen Titel verbarg sich nicht nur ein prall gefüllter Barockabend mit Werken von Bach, Graupner, Fasch und Telemann, sondern ein ungewöhnliches Konzept, das das Darmstädter Publikum 300 Jahre zurück Kaper kapitulierte.
Und die Zuschauer wurden auch zu Juroren in einem der spannendsten Komponistenwettstreit, der Musikgeschichte machte: nach Leipzig ins Jahr 1723, als Johann Sebastian Bach zum neuen Thomaskantor berufen wurde. Ein Ereignis, das den dramaturgischen Gernot Wojnarowicz, der das Eröffnungskonzert zusammen mit der Musikwissenschaftlerin Ursula Kramer moderierte, zu der Idee anregte, die Wahl des Thomaskantors zum 300. Jubiläum noch einmal zu wiederholen. Und zwar in Darmstadt.